Ursprung und Grenze

Neue Westfälische
Samstag, 21. Dezember 1996

 

Sabine Wenig stellt im Casino aus
Ursprung und Grenze


Von Fiona Schmidt

Bielefeld. Platzmangel gibt es im Casino nicht. Der größte Ballsaal und einige weitere Räume bieten der Bielefelder Malerin Sabine Wenig die seltene Möglichkeit, insgesamt 52 Bilder auszustellen - ein Querschnitt durch alle Themenbereiche und Techniken, mit denen  sie sich in den letzten sieben Jahren auseinandergesetzt hat.

Ihre Stadtlandschaften entstanden zwischen 1989 und 1990. Aquarelle und Gouachen, die hauptsächlich Ansichten von Bielefelder Gebäuden zeigen, so auch die Dürkopp-Fabrik - zur Zeit selber ein Ort der Kunst. Bis Mitte der 90er Jahre folgte eine große Anzahl von Arbeiten zum Hiob-Zyklus. Sabine Wenig nimmt das Thema des Buches Hiob, einer der zenralen Bibeltexte  des Alten Testaments, in ihren großformatigen Bildern auf. Das Ringen eines Menschen um seine Gottesauffassung und letztlich um seine eigene Identität - sicherlich ein zeitloses Menschheitsthema. Trotz starker Reduktion der gegenständlichen Formen wird die inhaltliche Bedeutung vermittelt, verstärkt durch eine intensive Farb- und Raumwirkung.

In Zusammenarbeit mit dem Musiker und Komponisten Reinhold Westerheide ist ein Projekt entstanden, das seit einem Jahr in westfälischen Kirchen präsentiert wird. Westerheide hat eine 40minütige musikalische Abfolge zusammengestellt, die in ihrer klanglichen und instrumentalen Gestaltung mit Sabine Wenigs Hiob-Bildern kommuniziert. Dieses Projekt wird nach der Renovierung auch in der Altstädter Nicolaikirche zu sehen und zu hören sein.

Seit den letzten beiden Jahren bilden tanzende Figuren und Paardarstellungen Hauptmotive in den Arbeiten der Künstlerin. So tanzt auch Salome grazil von der Seite in das Bild hinein. Die jüngsten Arbeiten von Sabine Wenig ähneln prähistorischen Höhlenmalereien. Die Künstlerin malte ihre "Tierfriese" in Anlehnung an altorientalische Schöpfungsmythen und Höhlenzeichnungen, die sie auf Malta sah.

In der Farbwahl und -kombination zeigt sich insgesamt eine Veränderung: von  dezent-mild über farbig-intensiv zu kontrastreich-kraß. Wechseln auch die Motive im Laufe der Jahre, so läßt sich doch immer wieder die übergeordnete Thematik in der Arbeit Sabine Wenigs erkennen: ihr Interesse an der Existenz des Menchen; sein Ursprung und seine Grenzerfahrungen. In Chiffren, in zeichenhaften reduzierten Darstellungen; im Verschwimmen ins Undefinierbare tauchen die existenziellen Gedanken und Überlegungen auf.

Sabine Wenig: "Gestern & Heute". Die Ausstellung läuft bis zum 3. Februar im Casino Bielefeld, Osningstraße 40. Geöffnet ist montags bis freitags 10 bis 15 Uhr.

(mit freundlicher Genehmigung der Neuen Westfälischen)